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„Lebenswelt in der DDR“ - Vorträge mit dem Zeitzeugen Rainer Schneider im Dezember 2021

Am Dienstag, den 14. Dezember 2021, fanden an der Schule zwei Vorträge über die Lebenswelt junger Menschen in der DDR statt. Als Referenten konnten wir Herrn Rainer Schneider gewinnen.

Der gebürtige Erfurter wurde im Februar 1972 verhaftet, nachdem sein Fluchtversuch verraten worden war. Zu dieser Zeit war er kaum älter als die meisten anwesenden Schüler, 17 Jahre. Verurteilt zu zehn Monaten wegen "versuchten ungesetzlichen Grenzübertritt", wurde er im Oktober 1972 unter Bewährungsauflagen in die DDR entlassen. Er stellte verschiedene Ausreiseanträge, die schließlich genehmigt wurden, so dass er 1974 in die Bundesrepublik übersiedeln durfte.

Die friedliche Revolution 1989 in der DDR war vor über 30 Jahren ein herausragendes Ereignis in der deutschen Geschichte. Sie war Teil des politischen Umbruchs im gesamten Ostblock und veränderte die Welt.

Hunderttausende in der DDR haben damals die SED-Diktatur überwunden und die Öffnung der Mauer erzwungen. Schließlich fand 1990 die Vereinigung der beiden deutschen Staaten zur jetzigen Bundesrepublik statt.

Doch je weiter die Ereignisse zurückliegen umso mehr verschwimmen die Fakten. Teilweise wird der „Unrechtsstaat“ DDR im Rückblick auch verharmlost und viele Stasi Offiziere sind auch heute noch in hohen Position in der Bundesrepublik tätig. Jugendliche von heute haben die deutsche Teilung nicht mehr erlebt. Der Referent gab deshalb einen Einblick in die Lebenswelt junger Menschen in der DDR anhand der eigenen Geschichte. Behandelt wurden speziell die Themen Schule und Ausbildung unter Überwachung und Repression des Staates sowie die Umstände des Fluchtversuches und seine Verhaftung durch die Stasi. Der Referent berichtete darüber, wie bereits im Grundschulalter der Zugriff des Staates auf die Jugend erfolgte. So war jede Klasse in Gruppen strukturiert. Viele Schüler waren etwa bei den Pionieren. Auch vormilitärischer Unterricht fand statt, bei einem klar formulierten Feindbild „Westen“. Dies wurde auch durch eine kurze Filmsequenz über ein Jungpionierlager verdeutlicht. Klassentagebücher erhielten Hinweise über die Parteizugehörigkeit der Eltern, was dann zur Bevorzugung einzelner Schüler führte. Das Regime schaffte es über den wichtigsten Grundpfeiler von Diktaturen, dem Erzeugen von Angst, bei den meisten Jugendlichen blinde Gefolgschaft zu erzeugen.

Besonders gelungen war die Vermittlung geschichtlicher Inhalte, die der Referent gekonnt in seinen lebendigen Vortrag einbaute. Die vielen Zwischenfragen und Meinungsäußerungen der Schüler*innen zeugten auch davon, wie gespannt sie an den Lippen des Referenten klebten und wie kurzweilig der Vortrag war.

Am Ende des Vortrags folgte ein wichtiger Appell an die Schüler: „Wenn man in der Gesellschaft ernst genommen werden will, muss man sich für die Geschichte interessieren.“