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Autorenlesung durch Vladimir Vertlib aus Salzburg (Mittwoch, 29.03.2017)

Der österreichische Autor Vladimir Vertlib war im März zu einer Lesung bei uns Gast. Nach ein paar einleitenden Worten zu seinem Lebenslauf las er aus einem seiner ersten Romane „Zwischenstationen“, der 1999 erschienen ist. In diesem autobiographisch gefärbten Roman, geht es um die Migrationserfahrungen einer russisch-jüdischen Familie in den 1970er und 1980er Jahren. Die einzelnen Stationen sind Israel, Österreich, Italien, Niederlande, USA, wieder Israel und wieder Österreich. Der Roman wird aus der Perspektive des Sohnes erzählt, der anfangs ein Kind, gegen Ende des Romans ein Jugendlicher und ein junger Erwachsener ist. Im Kapitel „Nachmittage“ erzählt der 6-jährige von seinen Ängsten, als er alleine zu Hause die Nachmittage verbringen muss, da seine beiden Eltern arbeiten müssen. 

Unter dem Motto „Let’s go Europe“ las Herr Vertlib  im Anschluss einige Passagen aus einem Bericht über seine Erfahrungen als freiwilliger Flüchtlingshelfer in Salzburg im Herbst 2015, als die Flüchtlingsbewegungen am größten waren. Zu seiner Erzählung brachte der Autor Bildmaterial mit, um den Schülern einen Eindruck dieser „Grenzsituationen“ zu verschaffen. Außerdem zog er Parallelen zu seiner eigenen Erfahrung als Flüchtling und Migrant vor 35-45 Jahren und verwies auf Unterschiede und Ähnlichkeiten zur heutigen Zeit. 

Zuletzt schlug er ein Kapitel des Romans „Am Morgen des zwölften Tages“ auf. In dieser Geschichte kommt es auf einem Kurzstreckenflug von Hamburg nach München zu einer Panik im Passagierraum, weil ein orientalisch aussehender Passagier auf die Toilette geht und – trotz Aufforderung – längere Zeit nicht aus der Kabine herauskommt. Ist er ein Terrorist? Bastelt er an einer Bombe? Jeder Zuhörer konnte sich selbst fragen, wie er in dieser Situation reagieren würde, ob er sich von den benachbarten Passagieren und der Gruppendynamik in Angst versetzen ließe oder besonnen reagieren würde. So wurden die eigenen Vorurteile, vorgefassten Meinungen und Klischees auf den Prüfstand gestellt und man fragte sich, ob man sich davon befreien könnte.

Zum Abschluss beantwortete Herr Vertlib bereitwillig Fragen zu seinen Werken und seinem Schreiballtag, bevor er mit einem kleinen Präsent verabschiedet wurde.