Während die einen sich über Erbrochenes vor der Haustür und unerträglichen Lärm während der Nachtruhe ärgern, wünschen sich die anderen eine Ausweitung der Öffnungszeiten von Freisitzen in Kneipen und Cafés und eine Verkürzung der Sperrstunde. Auch beim diesjährigen Treffen des Aktionsbündnisses Fair Feiern am 8. Januar wurde im Alten Rathaus wieder hitzig diskutiert.
Rund 30 Vertreterinnen und Vertreter der Anwohner, der Gastronomie, der Polizei, der OTH, des Stadtjugendrings und der Stadtverwaltung waren der Einladung von Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Rechts- und Regionalreferent Dr. Walter Boeckh gefolgt, an der Sitzung teilzunehmen, die einen konstruktiven Meinungsaustausch ermöglichte.
Weltkulturerbe oder Ballermann?
„Die Stadt Regensburg kann sich nicht entscheiden, ob sie Weltkulturerbe oder Ballermann sein will“, warf die lärmgeplagte Altstadtbewohnerin Johanna Bayer-Riepl den Vertretern der Verwaltung vor. Dem widersprach Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer: „Unser Weltkulturerbe kann nur erhalten werden, wenn es lebendig bleibt. Gott sei Dank haben wir in Regensburg viele Menschen, die in der Altstadt wohnen, viele individuelle Geschäfte und eben auch eine Feierkultur und junge Leute, die unsere schöne Stadt beleben. Trotzdem darf es bei Auswüchsen im Nachtleben natürlich keine Toleranz geben!“
Dass es unter den Feiernden leider auch schwarze Schafe gibt, zeigte die Bilanz von Polizeioberrat Bernhard Huber: „Wir hatten im Jahr 2018 einen deutlichen Anstieg bei den Sachbeschädigungen im öffentlichen Raum und bei der Rauschgiftkriminalität zu verzeichnen.“ In den Bereichen der Beschwerden wegen Ruhestörungen sowie einfacher Körperverletzungsdelikte ist hingegen ein erfreulicher Rückgang der Fallzahlen zu verzeichnen.
Verstärkte Präsenz von Ordnungshütern
Zwei große Herausforderungen für die Regensburger Polizei in der Innenstadt waren im August des vergangenen Jahres ein Großeinsatz wegen einer Gruppe gewaltbereiter Randalierer auf dem Domplatz sowie die Silvesternacht, wobei letztere glücklicherweise in Bezug auf das Einsatzaufkommen ruhig verlaufen ist. Insgesamt hat die Polizei ihre Präsenz in der Innenstadt auch in den Nachtstunden sowie an Wochenenden im Jahr 2019 deutlich verstärkt. So waren die Ordnungshüter und die Sicherheitswacht Regensburg, zusätzlich zum regulären Dienst, statistisch betrachtet mit insgesamt 656 Mannstunden pro Monat im Altstadtbereich auf Streife unterwegs. „Wir wollen uns als ansprechbare, nahbare Freunde und Helfer präsentieren und zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger auf unsere Unterstützung vertrauen können“, erklärte Huber die Strategie der Polizeiinspektion Regensburg Süd.
Auch das städtische Ordnungsamt hat seine Präsenz in der Innenstadt deutlich ausgeweitet: „Wir haben vier neue Stellen im Kommunalen Ordnungsservice (KOS) geschaffen, die bereits besetzt sind und aktuell eingearbeitet werden“, berichtete Rechts- und Regionalreferent Dr. Walter Boeckh. Im laufenden Haushaltsjahr 2020 kommen noch drei Stellen hinzu. Zudem werden die Mitarbeiter des KOS ab Mai von einem privaten Sicherheitsdienst für gemeinsame Kontrollgänge unterstützt. „Die Stadt Regensburg hat das Problem erkannt und gehandelt. Durch diese deutliche Aufstockung können wir künftig stärkere Präsenz zeigen“, so Boeckh.
Die Anwohnerinnen und Anwohner freuten sich zwar über diese Nachrichten, wünschten sich aber dennoch eine allgemeine Beruhigung der Altstadt. Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer erklärte, dass für ein Alkoholverbot in bestimmten Bereichen die Rechtsgrundlage fehlt. Gleichzeitig betonte sie, dass in den Sommermonaten je ein Wochenende pro Monat veranstaltungsfrei bleiben müsse und die Stadt gleichzeitig die Veranstalter dazu einlade, Feste und Events aus der Altstadt in die Stadtteile zu verlagern.
Auch müsse weiterhin die Sperrstunde für Freisitze eingehalten werden, die viele Wirte gerne ausweiten würden. „Ab 22 Uhr gilt in Deutschland die Nachtruhe und somit viel strengere Emissionsschutzwerte“, erklärte Boeckh. „Die kann ein normaler Biergartenbetrieb unmöglich einhalten, selbst wenn es noch so ruhig und geordnet zugeht.“
Neue Kampagne zielt auf öffentliche Plätze ab
Der größte Dorn im Auge der Anwohner sind jedoch ohnehin nicht die Kneipen, sondern die Feiernden, die es sich in lauen Sommernächten im Freien bequem machen und dort bis spät nachts trinken, grölen und Musik abspielen. Die diesjährige Kampagne des Aktionsbündnisses nimmt daher unter dem Motto „Kein Revier für Platzhirsche“ die öffentlichen Plätze wie Bismarckplatz, Neupfarrplatz oder Gutenbergplatz ins Visier.
Mit einem witzigen Hirsch-Motiv soll über Plakate und eine Online-Kampagne dazu aufgerufen werden, sich nicht wie der sprichwörtliche Platzhirsch allein auf weiter Flur zu benehmen, sondern Rücksicht auf die Mitmenschen zu nehmen, keinen Müll zu hinterlassen und sich friedlich zu verhalten. Dazu sollen auch diverse Diskussionsrunden zwischen Anwohnern und Feiernden, ein Silent Concert und die bereits seit Jahren etablierte Silent Disco auf dem Bismarckplatz stattfinden.