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Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden der ÖDP, Astrid Lamby

Rede der ÖDP-Fraktionsvorsitzenden Astrid Lamby zum Haushalt 2024 im Rahmen der Plenumssitzung des Regensburger Stadtrates am 14.12.2023 

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Zuschauer,
werte Vertreter der Medien,

jetzt müssen Sie stark sein! Nicht nur, weil das schon die 6. Haushaltsrede ist, nein, auch weil diese Rede eine Zumutung sein wird.

Ich werde ihnen mit weltpolitischen Fragestellungen kommen, ich werde mit bundes- und landespolitischen Fragen unseren Haushalt bewerten. Ich weiß schon, dass viele denken und sagen werden: das ist nicht unsere Spielwiese, darüber haben wir nicht zu befinden. Aber die Fragen, die wir uns in der Politik stellen müssen, sind zu groß, um sich davor zu drücken und wir müssen sie auf Regensburg herunterbrechen und hier Antworten finden, aber sicher auch auf anderen Ebenen für Umstrukturierung werben.
Wer sich ein bisschen mit verschiedenen Szenarien für die nächsten Jahre und Jahrzehnte beschäftigt, weiß auch, dass wir jetzt große Investitionen tätigen müssen, um Energiewende, Wärmewende, Stromwende, Verkehrswende, Industrie- und Agrarwende hinzubekommen. Und eine Wende oder „ein bisschen Wende“ wird nicht reichen. Und die „Jetzt“-Kosten für jede einzelne Wende werden so immens sein, dass wir den kommunalen Anteil niemals im Haushalt bei der Regierung „durchbringen“ können.

Aber, ich zitiere Regensburgs größten Klimaforscher, Michael Sterner, aus seinem Buch „So retten wir das Klima“: „Ein ungebremster Klimawandel kostet wesentlich mehr, als jede Energiewende.“

Daher müssen wir uns, müssen Sie, Frau Maltz-Schwarzfischer, sich auf der Ebene des Städtetags und unsere Kolleg*innen mit Regierungsbeteiligung in München oder Berlin auf diesen Ebenen dafür einsetzen, dass kommunale Investitionen grundsätzlich anders bewertet werden: Was langfristig Energie und somit auch Geld einspart, muss gegengerechnet werden. Was langfristig nur weitere Kosten verursacht, darf gar nicht gebaut werden.

Wie eben schon angeklungen, habe ich mich im Vorfeld der Rede mit Michael Sterners Buch beschäftigt. Und um uns allen bewusst zu machen, was so zu tun ist, habe ich seine Berechnungen, wie Deutschland jetzt konkret vorgehen müsste, um bis 2045 klimaneutral zu sein, auf Regensburg heruntergerechnet. Eine Randbemerkung: wir haben ja noch viel größere Ziele, wir wollten bis 2030 für die Stadtverwaltung und bis 2035 für die Gesamtstadt klimaneutral werden.

Für Regensburg heißt das konkret pro Jahr:

  • knapp 4 Fußballfelder Solarpark
  • knapp 2 Windräder
  • 6,7 Schiffscontainer-Batterien installieren
  • 788 Öl- und Gasheizungen gegen erneuerbare Energieträger tauschen
  • 4266 Verbrenner durch E-Autos ersetzen
  • 388 LKWs auf Wasserstoff umstellen
  • 70% weniger tierische und mehr pflanzliche Lebensmittel essen

Das wird natürlich kosten!

Wir wissen aber auch, dass wir dauerhaft einen genehmigungsfähigen Haushalt brauchen, um uns auch bei schlechterer Kassenlage Handlungsspielraum zu erhalten. Daher müssen wir umso mehr nicht zwingend erforderliche Großprojekte einsparen.

Einige, die wir gerne eingespart hätten, sind nun nicht mehr zu stoppen. Der Sportpark Ost mit Schwimmbad zum Beispiel – ein Spartenbauwerk, primär für den Leistungssport und eine neue Sparbüchse für das Stadtsäckel in den kommenden Jahrzehnten. Aber den Mobilitätstreff, den können wir noch stoppen. Neue Parkhäuser müssen aus Kosten- und Nachhaltigkeitsgründen eingespart werden.

Nicht alles, was keine Pflichtaufgaben sind, dürfen wir weglassen. Manches wird aus sozialen Gründen wichtig bleiben oder an Bedeutung gewinnen, z.B. die Förderung der vielen sozialen Projekte des bürgerschaftlichen Engagements, die wir durch freiwillige Leistungen unterstützen. Da diese meist auch präventiv arbeiten und uns vor explodierenden Kosten im Bereich der sozialen Pflichtaufgaben bewahren können, ist dies im Übrigen auch volkswirtschaftlich geboten.

Wer mich kennt, weiß: ich plane gerne. Aber ich bin auch unbedingt eine Freundin des konkreten Handelns, des Findens von Lösungen. Und daher sage ich: wir müssen jetzt ins Tun kommen. Wir wissen nicht genau, welche großen Projekte wir uns die nächsten Jahre leisten können. Aber wir wissen wohl, wo es grundsätzlich hingehen muss. Und daher werbe ich dafür, dass wir ins Tun kommen und anfangen.

Die ÖDP-Fraktion hat schon oft kritisiert, dass im Regensburg Plan 2040 und im Green Deal die verbindlichen Zwischenziele fehlen. Jetzt ist es zu spät, nur noch Ziele und Planungen auf Papier zu bringen. Das kann parallel geschehen, aber wir müssen auch z.B. die ersten km der Stadtbahn dort bauen, wo wir schon sicher sind, dass sie fahren wird. Denn, wenn wir in allen Bereichen so weiterplanen, dann haben wir in 10 Jahren vielleicht für viele Bereiche perfekte Pläne in der Schublade, aber keine Stadtbahn auf der Straße, kein PV auf den Dächern und kein Grün an den Fassaden. Und mit Sicherheit keine Klimaneutralität, weder 2030 noch 2035 noch 2045!

Wir haben die letzten Jahre schon zu viel Zeit mit Planungs- und Beteiligungsprozessen verbracht. Auch bei schon gefallenen, wegweisenden Entscheidungen engagieren wir wieder und wieder externe Büros und neue Bürgerbeteiligungsveranstaltungen. Unlängst hatten wir diesen Fall wieder bei der Entscheidung zu SUMP. Es scheint, als würde sich die uneinige Koalition dadurch Zeit verschaffen wollen, um nicht die Beschlüsse umzusetzen zu müssen und eine Stadtbahn, eine autofreie Innenstadt etc. auf den Weg zu bringen. Bürgerbeteiligung ist im Vorfeld gut, aber es ist unsere politische Aufgabe, Entscheidungen zu treffen, die natürlich nie allen gefallen. Dafür sind wir gewählt, nur Mut, Kolleginnen und Kollegen!

Wir dürfen sie nicht im Nachhinein immer wieder in Frage stellen und ein Forum für die Kritiker bieten, wichtige Dinge der Stadtgesellschaft wieder madig zu machen.
Die Vielzahl der Probleme unserer Tage kann erdrückend wirken und Ängste auslösen. Lösungsorientiertes Handeln kann uns Politiker*innen und den Bürger*innen dieser Stadt Vertrauen in die Politik zurückgeben. Die große Gefahr, dass eigentlich demokratisch gesonnene Bürger*innen ins rechte Lager abwandern, weil sie für ihre Probleme dort vermeintlich einfache, weil populistische Lösungen finden, müssen wir bekämpfen. Nicht durch große Worte, sondern durch viele kleine Taten.

Das können wir beim Verkehr mit der Stadtbahn erreichen, wie eben angemerkt.

Und auch hier müssen wir uns auf der Landes- und Bundesebene Gehör verschaffen: ohne eine S-Bahn Anbindung des Umlands wird es nicht gehen. Beim Wohnen, indem wir Projekte wie in der Margaretenau oder dem Eisbuckl städtisch spürbar unterstützen. 2 Vorzeigeprojekte sind super, aber wir brauchen viele davon.
Wir müssen jedes Jahr in Regensburg knapp 800 Öl- und Gasheizungen durch Heizungen mit erneuerbaren Energien ersetzen! Das kostet jetzt Geld, wird aber langfristig volkswirtschaftlich sparen. Energie, die durch energetische Sanierung gar nicht mehr gebraucht wird, fossile Energie, die über alternative Wärmegewinnung eingespart wird. Hier brauchen wir die Unterstützung der Bundespolitik. Das muss politisch gewollt sein.

Übrigens, unsere großen Unternehmen in dieser Stadt haben längst erkannt, wo es energetisch hingehen muss und entwickeln neue Ideen zu Energiezentralen, Wärmetauschern in der Donau. Weil sie rechnen können und weil unsere Wirtschaftsförderung hier gute Impulse liefert. Aber natürlich müssen wir hier auch die kleineren Unternehmen mitnehmen. Das wird eine Aufgabe des Referenten und seiner Mitarbeiter*innen für die nächsten Jahre sein.

Wir lassen gerade den Kommunalen Prüfungsverband genauer auf die Strukturen in der städtischen Verwaltung schauen und wollen wissen, ob es hier bzw. wo es Einsparpotentiale gibt. Dabei ging es uns primär um die reinen Personalkosten. Es muss uns aber aus ganz anderen Gründen interessieren. Bis 2035 wird Deutschland 1/7 der Arbeitnehmer*innen durch den demographischen Wandel verlieren.

Das kann auch eine Chance sein: wenn wir jetzt wissen, dass wir weniger Menschen zur Verfügung haben werden, müssen wir jetzt schon effizientere Strukturen setzen und werden jetzt schon weniger Personalkosten haben. Und, liebe CSU, wir werden das nicht alleine mit Digitalisierung lösen. Das ist zwar ein Bestandteil zur Umsetzung. Aber zuerst brauchen wir vernetztes Denken innerhalb der Verwaltung, damit keine Aufgaben doppelt erledigt werden und Entbürokratisierung wo es gesetzlich möglich ist.
Wir wissen genau genug, was zu tun ist, um uns über die Stadtgrenze hinaus für die wichtigen Dinge einzusetzen und um den Mut zu haben, endlich das Richtige zu tun.

Daher rate ich uns allen zu diesem Mut – Mut, dem Haushalt und dem Stellenplan zuzustimmen, denn unser Referent hat erkannt, wo wir eigentlich hinmüssen. Und Mut, dieses fehlgewichtete IP abzulehnen.

Vielen Dank.