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Mahnwache zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs

Rede von Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer anlässlich der Mahnwache zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs am 24. Februar 2023 um 16 Uhr auf dem Haidplatz

-Es gilt das gesprochene Wort-

Anrede 

Heute genau vor einem Jahr ist das Wirklichkeit geworden, was niemand von uns geglaubt hatte: Es herrscht wieder Krieg in Europa. Ein sinnloser, brutaler Krieg, der über Nacht Familien auseinandergerissen und Leid und Tod über unzählige Menschen gebracht hat.

Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg hat ein europäisches Land ein anderes europäisches Land überfallen und damit nicht nur die größte Fluchtbewegung in Europa seit 1945 ausgelöst, sondern auch viele Tausende Todesopfer gefordert.

Aber während Tote und Verletzte in die Statistik einfließen können, können wir den Schaden, den der Krieg in den Seelen der Menschen anrichtet, nur annähernd schätzen. "Der Krieg hat einen langen Arm. Noch lange, nachdem er vorbei ist, holt er sich seine Opfer“, hat der deutsche Schriftsteller Martin Kessel einmal gesagt.

Denn wie alle anderen Kriege auch, hat dieser ein blühendes Land in Schutt und Asche gelegt. Wo tags zuvor noch ein gemütliches Heim Familien Schutz und Zuflucht geboten hat, hinterlässt der Bombenhagel von einem Moment zum anderen ein blutgetränktes Trümmerfeld, wie uns die Bilder von dem russischen Angriff auf das Hochhaus in der ukrainischen Großstadt Dnipro Mitte Januar gezeigt haben.

Aber das sind eben nur die unmittelbaren Auswirkungen der brutalen Gewalt. In ihrem Report „No Peace in Mind“ vermutet die Hilfsorganisation World Vision, dass 4,5 Millionen Menschen, darunter 1,5 Millionen Kinder durch die seelischen Belastungen des Kriegs langfristig von Angststörungen, Depressionen und sozialen Beeinträchtigungen betroffen sein könnten. Diese Zahlen fließen noch in keine Statistik ein. Sie sind aber bittere Realität. Und sie lassen unberücksichtigt, wie viele Menschen mittelbar an der kriegerischen Bedrohung leiden, die sich in unserer direkten Nachbarschaft abspielt.

Denn der Krieg geht uns alle an. Er hat unsere Vorstellung von einer friedlichen Koexistenz der europäischen Staaten pervertiert. Frieden und Freiheit sind auch für uns nicht länger mehr eine Selbstverständlichkeit.

Noch vor einem Jahr ging es bei Gedenkveranstaltungen zu NS-Terror und Zweitem Weltkrieg fast ausschließlich darum, das Vergessen anzuhalten. Heute geht es darum, nicht abzustumpfen angesichts der Bilder des Schreckens, mit denen wir tagtäglich in den Medien konfrontiert werden.

Denn es sind Menschen. Menschen, die mit nichts als dem Allernötigsten ihre Heimat verlassen. Menschen, die voller Todesangst nächtelang in ungeheizten U-Bahn-Schächten und in Kellern ausharren. Menschen, die qualvoll unter Trümmern ums Leben kommen. Menschen, die von einem skrupellosen Diktator an der Front als Kanonenfutter verheizt werden. Menschen, denen es einzig und allein darum geht, endlich wieder in Frieden zu leben, zu ihren Familien zurückzukehren und ihre zerstörte Heimat wiederaufzubauen.

Ich freue mich sehr darüber, dass unsere Partnerstadt Odessa vor einigen Wochen von der UNESCO – auch dank unserer aktiven Unterstützung – den Titel „Welterbe“ verliehen bekommen hat, ist diese Entscheidung doch ein ausdrückliches Zeichen der weltweiten Solidarität.

Solange dieser Krieg anhält – und auch noch weit darüber hinaus – ist unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine gefragt. Ich möchte Ihnen allen versichern, dass wir auch weiterhin fest und unverbrüchlich an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer stehen, und natürlich ganz besonders an der Seite der Menschen in unserer Partnerstadt Odessa, und dass wir jede Hilfe leisten werden, die in unseren Möglichkeiten steht.

Den Menschen dort wünsche ich viel Kraft und weiterhin das Durchhaltevermögen, das sie bisher gezeigt haben.

Vor allem aber wünsche ich mir eines: Frieden und Freiheit für die Ukraine!