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Einer für alle: Der Christbaum auf dem Rathausplatz

Jedes Jahr zur Weihnachtszeit ziert ein prächtiger, mit Lichtern geschmückter Baum den Platz vor dem Alten Rathaus. Diesmal ist es eine stattliche Fichte, die aus einem Privatgarten in Bernhardswald gespendet wurde. Wir sind den Ursprüngen dieser städtischen Tradition nachgegangen.

Fotografie: Christbaum auf dem Rathausplatz im Jahr 1987
Christbaum auf dem Rathausplatz im Jahr 1987 © Bilddokumentation Stadt Regensburg

20. November 2023

Eine lückenlose Historie des Baumes vom ersten Aufstellen bis heute lässt sich kaum noch nachvollziehen. Ein paar interessante Schlaglichter offenbaren die Quellen allerdings doch. Die älteste ist ein Schreiben des Wohltätigkeitsvereins „Feuchtes Eck“, der Kleidung für arme Kinder organisierte, aus dem Jahr 1928 an den Stadtrat mit dem Betreff „Aufstellung eines Christbaums für Alle“. Darin heißt es, der Verein habe „von Herrn Oberbürgermeister Dr. Hipp die Genehmigung erhalten, heuer am Rathausplatze einen sog. ‚Christbaum für Alle‘ aufzustellen und ihn seinen Wohltätigkeitszwecken dienstbar zu machen“. Der Verein plädierte in dem Schreiben zwar letztendlich für den Bismarckplatz als Standort, da es „wegen des starken Verkehrs und der Nähe der Feuerwehrstation“ für den Rathausplatz Sicherheitsbedenken gab. Aber die Idee des „Christbaums für Alle“ vor dem Alten Rathaus war geboren.

Dass in den folgenden Jahren tatsächlich auf dem Rathausplatz ein Christbaum gestanden haben muss, geht aus einem Beitrag der Mittelbayerischen Zeitung von Heiligabend 1946 hervor. Auch hier wird er wieder als „Christbaum für alle“ bezeichnet und war offenbar in Regensburg etabliert. Das genaue Datum der ersten Aufstellung lag also wohl bereits davor. Welche Rolle so ein „Christbaum für alle“ in der unmittelbaren Nachkriegszeit gespielt hat, beschreibt der Autor in folgenden Zeilen: „Über und über mit Lichtern besteckt, soll er jenen einen Glanz des schönsten Festes bereiten, die keine Heimat mehr haben, keine Heimstätte, in der sie sich ihren eigenen Baum putzen können. Mit meinem eigenen Bäumchen unterm Arm schleiche ich hier vorüber und danke einem gnädigen Geschick, dass ich mir mein eigenes Bäumchen im eigenen Raum anzünden kann.“ Heute dürften die Gedanken der meisten Regensburgerinnen und Regensburger beim Betrachten des Christbaums wohl zum Glück weniger schwermütig sein. Der Christbaum auf dem Rathausplatz ist spätestens seit den 1950er Jahren zu einer Tradition geworden – das zeigen verschiedene interne Schreiben aus der Verwaltung, in denen das Aufstellen beauftragt wird.

Bei den Bäumen handelt es sich in der Regel um private Spenden aus der Region. Oft verbinden die Spenderinnen und Spender mit dem Baum, der so lange im eigenen Garten gestanden hat, viele Geschichten und Erinnerungen und freuen sich, wenn er als Christbaum vor dem Alten Rathaus noch einmal zu Ehren kommt.

Text: Eva Unterhuber / Katrin Butz